JOHN GREER
JOHN GREER

Mentale Vorrichtungen - Materielle Grundlage

 

In 1970 realisierte John Greer die Ausstellung “Suspension-Tension” in der Isaacs Galerie in Toronto. Sie bestand gänzlich aus schwarzem Gummiband, das an und zwischen die Wände genagelt wurde. Mit dreidimensionalen Linien formte der Künstler illusionäre Ebenen, mit denen er dreidimensionalen Raum durch den Gebrauch linearer Perspektiven und dreidimensionaler Bilder von Papierflugzeugen (die, die jeder als Kind faltet, um der Langweile im Klassenzimmer zu entfliehen) andeutete.

Mit dieser Ausstellung beginnt Greer seine abenteuerliche Reise in die Welt der Dreidimensionalität durch Zeichnen im Raum. Die Doppeldeutigkeit, die er hier annimmt, war in all ihrer äußerlichen Subtilität ein radikaler Schritt in der Kritik der bildlichen Grenzen und in der Einstellung, mit der man damit umgeht. Greer schlug eine Erweiterung der Wahrnehmung vor, indem er auf die geistige Flexibilität des Betrachters einging.

 

Eines seiner letzten Gemälde mit dem eine Voreingenommenheit gegenüber der Grenze von Malerei markiert wird, steht in nächster Nähe zu den neuen Werken. Das Bild “Hole in the Desert” (Loch in der Wüste) 1968 ist eine ockergelb gemalte Ebene. Ein rechteckiger Raum öffnet sich in den Boden und die Decke oder der Deckel dieses Raums unter der Erde scheint dicht darüber zu schweben, lässt dabei aber eine Lücke, durch die man hineinschauen kann. Malen ist hier eine Form der Illustration einer Idee, der Dokumentation einer Idee, (angedeuteter) Raum entsteht innerhalb von (angedeutetem) Raum, Farbe und Linie bedeuten Material, der Künstler überbrückt intellektuell, um die Grenzen der Bildebene zu überwinden. Was Greer seine “Frustration” nennt war ein Dilemma, dass viele Künstler, die verschiedene, radikale Standpunkte vertraten, zu der Zeit in Nordamerika überwinden mussten. Eine spezifische Sensibilität erwuchs aus den sechziger Jahren und reagierte auf das “traditionelle” Verständnis von Malerei und Skulptur. Künstler wie Frank Stella und Donald Judd waren die Sprecher für ein Denken, das schließlich zu Minimalismus und zu Konzeptkunst führte. Es ist wichtig die Diskrepanz im Grundverständnis zu sehen, die Greer dem Minimalismus zu der damaligen Zeit entgegenstellte. Im Gegensatz zu der “coolness” der Bemerkung von Stella bezüglich der Malerei: “Ich streite mich immer mit den Leuten, die die alten Werte in der Malerei beibehalten wollen - die humanistischen Werte, die sie immer auf der Leinwand finden. Wenn man sie darauf festsetzen will, bestehen sie schlussendlich immer darauf, dass es dort mehr als nur Farbe auf Leinwand gibt. Meine Malerei basiert auf der Tatsache, dass nur das, was sichtbar ist auch DA ist. Es ist real ein Objekt.”15 und des generellen Verständnisses des Vorgangs der Kunst durch Judd: (...) Barbara Rose schrieb, dass seine “Ablehnung des Illusionismus tief im pragmatischen Lehrsatz verankert ist, dass die Wahrheit der Dinge einen ethischen Wert hat. Für Judd ist Illusionismus nahe der Immoralität, denn er verfälscht die Wirklichkeit. Dinge müssen so sein, wie sie erscheinen. Pragmatismus stellt die Wahrheit mit den physikalischen Tatsachen, wie sie erlebt werden, gleich.” Judd selbst stellte fest: “Eine Form, ein Volumen, eine Farbe, eine Oberfläche ist selbst etwas. Es sollte nicht als Bestandteil eines völlig anderen Ganzen versteckt werden. Die Formen und Materialien sollten durch ihren Zusammenhang nicht verändert werden.”16

Greer kritisiert nicht einen humanistischen oder auch anthropomorphen Ansatz der vorhergehenden künstlerischen Aussage. In dieser Hinsicht ist Greer’s Ansatz eher eine Erweiterung des humanistischen Standpunktes. Er benutzt den Menschen als den Maßstab für die Dinge - und spricht für Individualität, d.h. dass jeder das Zentrum seines eigenen Universums ist. Ereignisse und Handlungen sind bedeutend, so dass es einen Glauben an die Transzendenz gibt. Für Greer sind Objekte Dinge in sich selbst, aber er akzeptiert, im Gegensatz zu Judd, dass sich Dinge (Formen und Materialien) durch ihren Zusammenhang ständig ändern. Greer sensibilisiert den Betrachter für diese Vielfältigkeit durch den Gebrauch alltäglicher Dinge in witzigen und humorvollen Konstellationen.

 

Greer trat aus der Bildebene heraus und benutzte realen Raum als Basis für Zeichnung. Wie bei vielen anderen Künstlern befriedigte die Wiedergabe von Dingen durch Leinwand und Farbe nicht das wachsende Interesse an Kunst als relevanter Zeitbezug. Ein großer Teil der Arbeit, die Greer in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren schuf, kreist um den Akt des “Heraustretens”.

 

Es ist interessant zu beobachten, dass er noch immer den illusionären Raum erforscht und das zu seinen ersten künstlerischen Einsichten dazu, was Physikalität und Schwerkraft bedeutet, gesellte. Das Gummiband wird als Linie im Raum benutzt, was eine Form und Bewegung vorschlug, die vom Geist vervollständigt werden sollte. In einem Katalog für eine Ausstellung in 1974 in der Killam Art Gallery in Halifax, NS, schreibt er als Notizen bezüglich der Flugzeuge, die er später auch “Illusionsflugzeuge” nannte: “Dreidimensionaler Raum ist DIESER Raum oder der Raum, in dem wir uns befinden. Alle Flugzeuge in DEM Raum können “umgekippt” werden, d.h., “die Richtung ändert sich nach dem Willen des Betrachters” Ohne einen sichtbaren Horizont kann man die Flugzeuge von oben und von unten betrachten. Die Möglichkeit, das zu tun ist höchst wichtig für die Manipulation der Flugzeuge in DEM Raum. Unser Verstand ist der Kontrollturm. Die Flugzeuge können jede Grösse annehmen, die man will, je nachdem, wie weit von uns entfernt unser Geist sie ansiedelt; und sie können bewegt werden, indem man sie geistig von sich wegbewegt oder auf sich zu zieht. Man muß bedenken, daß all diese Dinge durch den Verstand kontrolliert werden, die wirkliche Größe der Flugzeuge bleibt unverändert. Ein Design zeigt ein Flugzeug, daß über einen Graben oder ein Loch fliegt. Der Graben kann entweder ein “Vakuum” sein, das Luft einzieht order ein “Ventilator”, der Luft herausbläst.” (John Greer)17

 

Er erwähnt unseren Verstand als unseren “Kontrollturm”, und damit seine “Zeichnungen” als in einer Dimension liegend, die uns und unseren Raum mit dem verbindet, was er “den” Raum nennt, die nicht existierende, aber geistig angedeutete Idee von Raum. Der engagierte Betrachter wird aktiv in den Galerieraum einbezogen - das Erlebnis des Kunst-Ereignisses findet in jedermanns eigenen Kopf statt. Der Besucher wird wortwörtlich in die Bildebene einbezogen, wie die Beute in einem Spinnennetz, mit dem Unterschied, dass man die Fäden selbst in der Hand hat, oder besser gesagt, im Kopf. Greer nahm die Empfehlung eines Bildhauers und Professors aus München im Jahr 1950 wörtlich: “Ich würde alle Kunststudierenden zuerst zwei Jahre “Segelfliegen” lernen lassen, damit diese nicht an die “Form” glauben und sich von der Luft und in der Luft tragen lassen, ohne sie formen zu wollen.” (Karl Knappe)18

Mit den Flugzeugen lädt Greer den Betrachter ein, ihn in seiner Lektion zu begleiten und gibt uns damit eine intellektuelle Vorrichtung, um im Raum fliegen zu können und die Form zu einer mentalen Vorrichtung werden zu lassen, während unser Kopf als Werkzeug benutzt wird.

 

Dies ist ein Ansatz jenseits von Malerei, in einer Position, die irgendwo zwischen der Reflexion über die Selbstständigkeit der Objekte als Dinge in sich selbst und einem Ansatz liegt, der das Objekt zugunsten einer Idee oder eines Konzepts verleugnet. Der Künstler benutzt reellen Raum um uns hereinzuziehen und veranlasst uns, uns körperlich zu bewegen, unseren Verstand körperlich zu trainieren.

 

Er erweiterte seine illusionistische Bildebene um ein Projekt mit dem Titel: “Six points of a Shadow” (Sechs Punkte eines Schattens). “Ich habe diese Arbeit in 1969 oder 1970 gemacht. Postkarten wurden an mich postlagernd in 1. Wainwright, Alaska, 2. Hebron, Labrador, 3. New York, New York, 4. Baltimore, Maryland, 5. Richmond, Virginia und 6. Vera Cruz, Mexiko versandt. Sie wurden 15 Tage aufbewahrt und dann an mich zurückgeschickt. Dieses illusionäre kontinentale Flugzeug materialisierte sich für eine kurze Zeitspanne.” (John Greer)19

Er zeichnete ein Papierflugzeug auf eine Landkarte und projizierte die Befestigungspunkte der Zeichnung in die Realität, indem er die markierten Städte auf der Landkarte als gigantische illusionistische/reale Ebene benutzte. Dieses Arbeit entsteht als ein Konzept durch ihre materielle Durchführung.

In 1978 folgt der Künstler der Einsicht in seine Gedankenflüge von einem entgegengesetzten Standpunkt. Er faltete Papierflugzeuge aus Blei: “Lead to Belief” (Wortspiel: jmd. etwas vorgaukeln) 1978, “Das Gewicht ist ein sehr wichtiger Faktor. Flug geht über die Grenzen der menschlichen Möglichkeiten ohne Beihilfe hinaus. Das gewohnte Aussehen und das gewöhnliche Format lassen den Flug möglich erscheinen. Diese Arbeit handelt von gefestigten Assoziationen, die die Erwartung oder die Wahrnehmung kontrollieren.” (John Greer)20 Die Größe der Formen deuten die Möglichkeit des Fliegens an, aber sie fliegen nicht, wenn man sie in die Luft stößt, sie fallen wie ein Klumpen Blei. Sie verdeutlichen daher die Diskrepanz zwischen einem geistigen Gedankengebäude und dessen Realität durch die Wahl des Materials. Materielle Kräfte regieren unsere Ideen. Um diese Dualität des Seins und des Denkens zu zeigen, testete er das Medium der Holographie und zeigte diese Idee nochmals in 1979 in einem dinglichen Konzept: “A little more Weight” (Ein bisschen mehr Gewicht), 1979, “Das Bild des Bleiflugzeugs geht durch die Bildebene hindurch”. (John Greer)21 Die Holografie ist ein Medium, das die Dimensionen herausfordert. Dies ist eine physikalische Darlegung einer ausführlicheren und sehr viel wichtigeren Untersuchung, die er in 1970 unternahm, indem er dieselben Bilder benutzte, die eine Position in der Suche nach dem “wirklichen” Raum und seiner künstlerischen Definition einnahmen.

 

Mit dem Gummiband fand John Greer ein Medium, das half, die Fragen um sein “Heraustreten” zu beantworten. Er benutzte es als Verbindungselement, visuell - um eine Projektion des Gedankens zu beginnen, formal - um Formen darzustellen, und als physikalische Vorrichtungen, einfach, um Dinge festzuhalten und zu verknüpfen, die er in den Installationen benutzte.

 

Das Bleilot war ein Objekt, das er Anfang der siebziger Jahre zu nutzen begann - ein Symbol der Masse und Physikalität, eine Vorrichtung, mit der wir unsere Gedanken in die Wirklichkeit (d.h. die Welt um uns herum) projizieren, und somit die Wahrnehmung des Körpers verlagern können, das Denken über Gefühle, das Fühlen von Gedanken.

Zu dieser Zeit steht Greer gerade vor der Einsicht darin was Schwerkraft eigentlich bedeutet und versucht diese Kraft durch die alltägliche Begegnung zu visualisieren. Er benutzt ein Bleilot, ein Werkzeug, mit dem man Dinge misst; es hilft herauszufinden, ob Dinge wirklich vertikal oder gerade sind. Durch die Schwerkraft zeigt die Lotleine zum Zentrum der Erde und manifestiert daher diese Kraft, die alles und alle am Boden hält.

 

“Iron Plumb” (Two flat Yards), (Eisen Lot / Zwei flache Meter) 1968, besteht aus einem Lot, das vom Ende eines Zollstocks hängt, der wiederum an der Decke des Raums befestigt ist. Durch das Gewicht des Eisens wird der Maßstab heruntergezogen, sodass die Länge an der Decke nicht mehr messbar ist, sondern in den Raum hinein mißt und damit die Distanz auf der Wand/Decken-Ebene verkürzt. Es ist nicht so, dass wir es nicht wüssten, ... theoretisch, praktisch sehen wir, dass unsere Projektion des Raums nicht mehr funktioniert, sobald sie mit der Realität verbunden ist! “Lead Dance” 1970 (Blei Tanz) spielt mit der ganzen Länge des Lineals, wobei es die Maße des Raums durch Spannung verkleinert. In “Dancer” 1971 (Tänzer) spielt ein Bleilot, das ein Bambusrohr von einem Pfeiler aus in Spannung bringt mit der Schwerkraft innerhalb des Raums, sodass jede Erschütterung des Bodens eine Vibration in der feinen Spannung der Konstruktion verursacht. Ein anderes Werk, “untitled (plumb bob)” (Ohne Titel/ Bleilot) von 1971, ist ein Versuch der Messung von Kräften durch die Visualisierung eines 25-kg-Gewichts und parallel dazu einer 25-kg-Spannung. Eines ist eine Waage, die ein Eisenlot hält, das andere ist eine Waage, die zwischen zwei gegenüberliegenden Wänden im Raum unter Spannung befestigt ist. Diese Arbeit bringt Schwerkraft in unser Bewusstsein, indem der ganze architektonische Raum als Raum für die Skulptur benutzt wird. “Beyond a shadow” (Ohne jeden Zweifel) 1981 ist ein Werk, das 10 Jahre nach den ersten Experimenten mit Bleiloten fertiggestellt wurde. Die Ausmaße dieses Werks wurden vom ungeplanten Zusammentreffen in Richtung einer offensichtlichen Konfrontation geändert. Die Seilverbindung des Bleilots, das eine aus Gusseisen, das andere aus Weidenholz, die nebeneinander von der Decke hingen, wurde weitergeführt, um eine Wand durch eine fiktionale Diagonale vom Boden zur Decke festzuhalten. Es schuf eine Wand-Bild-Ebene, definierte jedoch die Schwerkraft des ganzen Raums. Das Werk ließ den Betrachter die Richtung zum Zentrum der Erde wahrnehmen, was unser Verständnis von parallelen Linien infrage stellt, da sie nicht wirklich parallel sind. Die Nähe eines hölzernen Modells zu einem gusseisernen Original verschafft uns den Eindruck davon, was Gewicht wirklich bedeutet, und zwar durch die verschiedenen Spannungen der zwei Seile. Die Methode der Messung wird als ein Modell für reale räumliche Kräfte aufgedeckt. Dies ist eine einfache Vorrichtung, ein Symbol für Messung.

 

Diese Gesten, die den Charakter von Duchamp’s Werken haben, definieren die Nähe des Verständnisses einer totalen Investition in Kunst als eine Sprache, die historische Vorlagen abweist und über eine exakte Definition dessen hinaus geht, wie Kunst aussehen sollte. Der Künstler hinterfragt die willkürliche Handlung eines künstlichen Arrangements, das bedeutungsvolle Themen auf eine messbare Quantität reduziert. Jedoch benutzt Greer nicht Methoden des Zufalls oder der Gleichgültigkeit, sondern Medien, die wirklichen Raum in der Nähe von seinen “geistigen” Vorrichtungen darstellen.

“A Little White Lie” 1972 (Eine Kleine Weiße Lüge) spielt mit der Idee eines geistigen Gedankengebäudes, das durch den Glauben daran wahr wird. In einer Notiz beschreibt der Künstler das Objekt als eine Kopie zweier Apparaturen, die gegenwärtig an jedem der Pole aufgesetzt ist, bestehend aus einem Bleilot, das von einem Festpunkt von drei Skistöcken hängt, die einander stützen. Es geht hier um die Definition der Drehachse der Welt, die die langsamste Drehung in sich selbst, die auf der Erde möglich ist, auf diese Bleilote überträgt. Dieses Werk ist wie ein Theorem der Schwerkraft, es funktioniert als geistige Vorrichtung.

 

Das Bleilot wird zum Werkzeug für viele seiner Werke und wurde dann schließlich monumental manifestiert durch “Plumb” 1988 (Bleilot), der in rotem Granit ausgeführt ist. Hier fasst Greer die Wichtigkeit unserer immerwährenden Beeinflussung durch die Schwerkraft zusammen. In 1978 schuf er seine erste Skulptur, im Gegensatz zu Objektinstallationen, “Stone” (Stein). Seine Form erinnert an ein auf den Kopf gestelltes Bleilot. In einer Aussage setzte Greer hinzu: “Diese Arbeit handelt zum Teil vom Gleichgewicht zwischen Material und Vision. Die Form des Steins selbst ist etwas paradox. Unser Blick wird nach unten geleitet zu der Masse, während der natürliche Drang dazu geht, dass man den Blick nach oben gleiten lässt und so entsteht eine visuelle Resonanz zwischen dem Betrachter (Blick) und dem Stein (Material). Sowohl auf das Alter des Steins als auch auf seine Zeitlosigkeit sollte Rücksicht genommen werden.” In diesem Werk spielt Greer mit den Objektqualitäten und visueller Phänomene in der Beziehung zwischen einer Person und einem Objekt, mit dem sie konfrontiert ist. Mit seiner Einfachheit lädt das Werk den Raum förmlich auf und es entsteht eine Resonanz zum Betrachter, der sich einer bekannten und doch unbekannten Form gegenübersieht. Später benutzte Greer diese spezifische Form in dieser Grösse weiterhin um eine Beziehung zur Körperlichkeit und zur Position des Betrachters im Raum herzustellen. Es wird eine Komponente einer direkten, visuellen Sprache, deren Anliegen es ist den Betrachter in eine bedeutungsvolle Begegnung zu verknüpfen.

Das Bleilot war auch ein Ausgangspunkt für die Erforschung der geistigen Gedankengebäude eines physikalischen Wesens, da die Fixierung auf physikalische Fakten die Basis für unsere erdachten Flüge und Träume ist.

 

“As the crow flies” (Der Flug der Krähe) 1971 Dieser Bleilot-Feder-Apparat, der mit Gummiband an der Decke befestigt ist, wird vom Sitzenden in Bewegung versetzt. Die Feder macht einen organischen Tanz und die Blicktiefe des Betrachters ist präzise kontrolliert. Zeit: ca 15 Minuten.” (John Greer)22 Dieses Werk visualisiert einen Ablauf, oder besser, es macht aus dem Betrachter/Sitzenden einen aktiven Bestandteil des Erlebnisses einer Projektion und der Abwehr der Person. Ein Stuhl steht in der Nähe eines schwingenden Lots, dass an einem Gummiband befestigt ist. Zwei Federn sind wie Flügel an dem Objekt befestigt. Durch das schwere Auf und Ab des Lots beginnen die Federn, um das Zentrum herumzutanzen. Während man in dem Stuhl sitzt, wird man von der Bewegung und dem Flug in Bann geschlagen, man “fliegt geistig” mit dem Objekt, aber die kurze Distanz zur schwingenden Masse hält die Person in Spannung: Man gewöhnt sich nicht an die Tatsache, daß das Objekt einen nicht trifft. Man versucht, ihm auszuweichen. Die Angst besteht nur einen sehr kurzen Moment, ist aber fortwährend und das ist die spezifische Art des Erlebnisses, das den Betrachter/Sitzenden wachsam bleiben lässt.

 

Das Gummiband wird zum Spiegel der Elastizität des menschlichen Potenzials für das Denken. Es trotzt der Schwerkraft durch seine Eigenschaft, jegliche Fixierung zu vermeiden. Das Gummiband erhöht das Potenzial des Gewichts des Lots, ist aber kontinuierlich und kommt zum Schluß zur Balance durch einen Vorgang der Ausdauer/Geduld. Dies wirkt auf den Betrachter/Sitzenden ein. Er löst die Begegnung durch eine Zugabe von Energie aus, ist durch das Auge und den Gedanken fixiert und ist in seiner Position ein Teil der Installation (man muss das Lot anhalten, um herauszukommen). So wird “As the crow flies” ein Modell der geistigen Kapazität des Menschen als das Potenzial für die Erbauung und Zerstörung in der Welt der Dinge durch Balance und Bewegung.

 

In einer recht neuen Installation zeichnet Greer wieder mit Gummiband, benutzt wieder die Formen von Flugzeugen, versucht wieder, dem Betrachter zu zeigen wie das Denken unseren Körper und unsere Träume lenkt. “Chamber of Desires” (Kabinett der Sehnsüchte) wurde in 1990 geschaffen und in einer ähnlichen Installation mit dem Titel “Kouros in Flight” (Kouros im Flug) in 1986 gezeigt. Greer schreibt in einer Stellungnahme zu dem Werk: “Ich lade den Raum mit psychologischer und visueller Spannung auf und verleihe ihm damit eine Art von lebendiger Dynamik. Der griechische Kouros steht in der klassischen Pose mit einem Fuß vorwärts, er spielt mit dem Erlebnis echten Raumes, mit der Entscheidung, herauszutreten. Die Postkarten sind auf verschiedene Weise gehängt, wie auch die elastischen Verbindungen zwischen den Händen - in einigen Fällen verläuft das Gummiband hinter dem Bild der Figur, in manchen von einer Hand zur anderen. Manche Karten sind gegenüber ihren Kontaktfiguren im Raum aufgehängt, während andere in den Ecken befestigt sind. Der Schwarm von Vogelbildern bleibt zwischen den Dimensionen, im Verweis auf dreidimensionalen Raum ist hier die Wirklichkeit ein Objekt (Wand) auf dem Objekte (ausgeschnittenen Vogelbildern) befestigt sind. Die Flugzeuge sind sowohl zwei- als auch dreidimensional an der Wand und zwischen den Wänden installiert, drücken diese förmlich auseinander, symbolisieren das Fliegen und den freien Raum. Der Gesichtsausdruck des Kuros hat eine wichtige Bedeutung in diesem Werk. Diese Arbeit ist eine Einleitung in den mentalen Raum. Es handelt von der Freude, ein denkendes Objekt zu sein.”

 

Die Bilder, die der Künstler in diesem Werk benutzt erinnern an ein fortwährendes Anliegen, ein Gedankengut, das die Basis ist für seine künstlerische Ausdrucksweise, die, wenn man ausschließlich die Form betrachtet, aus unzusammenhängenden Werken zu bestehen scheint. Diese Arbeit ist wie eine visuelle Aussage, eine Mahnung, eine Zeichnung der Dokumentation, besonders, da sie zwischen dem späten Werk steht, das grundsätzlich substanzielle Materialien wie Bronze und Stein gebraucht.

 

Greer benutzte Postkarten auch in ein paar früheren Installationen. Sie werden mittels ihrer Alltäglichkeit als Elemente menschlicher Intimität vorgestellt. In diesem Fall zeigt er das Foto einer griechischen Skulptur von 530 vor Christus, den “Kuros Milani”. Diese Postkarte ist eine Erinnerung an eine Idee eines Anliegens von Skulptur, die mit dem menschlichen Willen, der aufrechten Haltung des Menschen und Mut verbunden ist. Kuros - Mensch: Es ist ein Beispiel der Art von Skulptur, die die griechische Bildhauerei als das Lebensblut markierte, durch einen bescheidenen, jedoch bestimmten Widerstand der Schwerkraft und daher des Lebens selbst. Der Kouros ist eine archaische Skulptur, die einen jungen Mann in voller Pracht darstellt: “Das ist mit dem Alter dieser “Jünglings”- und “Mädchen”-Statuen gemeint: das Ausgezeichnete des höchsten Lebensgefühls im klaren Wissen um die Sterblichkeit des Menschen. Diese Proportion ist der Grund, weswegen der Ruhm in Griechenland nie zum Triumph wird wie später in Rom.” (Dieter Rahn)23 Diese Proportion beinhaltet die Zeitlosigkeit, da die Skulptur durch die positive Einstellung und Ausstrahlung, mit der sie ihre Sterblichkeit ansieht, dem Moment trotzt. “Die Lebendigkeit der Skulptur ist das Resultat der Mittel der Kunst und das sind nicht die Mittel der Nachahmung. Ihre spezifische Lebendigkeit erhält die Figur dadurch, dass sie gebaut ist. (...) Das Aufstreben ist kein Entschweben. Die Schwere, mit der der Kuros auf dem Boden STEHT, wird nicht getilgt, aber die doppelte, auf- und abwärts strebende Richtung der Senkrechten dieses Standes verleiht dem Kuros eine “energetische”, gespannte Bewegtheit.” (Dieter Rahn)24

 

Greer benutzt diese Bilder als ein Werkzeug zum Öffnen unserer intellektuellen Projektion. Er kombiniert es mit den Bildern von Vogelschwärmen, die für uns Flug, Freiheit und die Kapazität des Ausgreifens symbolisieren. Hier wird dies nicht durch eine kulturelle Aussage erreicht, sondern durch einen natürlichen Vorgang und eine natürliche Aktivität, etwas, das für uns unerreichbar ist. Wieder benutzt er Objektbilder, ausgeschnittene Farbkopien, die unsere Übersetzung durch Denken mit einbeziehen. Die Gummibänder werden ein weiteres Mal benutzt, um die erdachte Spannung des Raums mit einem fassbaren Werkzeug aufzuladen, welches sich wiederum durch den Gebrauch der Flugzeugformen in erdachten Raum umformt.

 

Mit seinen Werken zieht Greer eine Spanne für uns, die Zeit und Raum überschreitet. Er spricht über Willensstärke und stärkt damit den Willen des Betrachters zum Nachdenken. Bilder umschwirren die eintretende Person und provozieren uns, durch ein Drehen und eine Nachforschung mit dem Körper, diese zu identifizieren. Es ist ein visuelles Theorem das hilft ein Bewusstsein der Freude des Daseins und des Denkens zu definieren.

 

Es zeigt darüber hinaus, dass Greer sich noch immer mit dem Prozess seines eigenen Heraustretens beschäftigt und sein Ansatz in all seinen Werken ist viel einfacher zu verstehen, wenn man sich seine Erklärung vom “verständlich machen” der Welt stets vor Augen hält um den Verstand für Dinge zu benutzen, die von Bedeutung sind.

 

 

 

 

 

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Bus Shelter in Halifax with retroActive poster!
Thinking Back to Gertrude and Henrie, 2015
Installation View retroActive with Threshold, 2015; Civilization, 1990/91; PaperMoney, 2012
Wait of Water by John Greer, 2014 Bay of Fundy Detail of Wait of Water, October 9th, 2014; retroActive tied up, tide down, looking back across the bay where the piece was first realized in 1972
National Gallery of Canada : THE PROUST QUESTIONNAIRE
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